Das Spectaculum, der Mittelaltermarkt in Oberwesel am Rhein, ist einer der größten und ältesten Märkte der Region. Mittelalterliches Ambiente mit Handwerk, Musik und Tanz zwischen alter Stadtmauer und den romantischen Gassen eines Fachwerkstädtchens.
Es ist Pfingsten, das Wetter ist kühl und erfrischend! Ich hoffe, dass es trocken bleibt! Besser kühl als zu heiß, denke ich. Ich fahre mit der Bahn nach Oberwesel. Bereits am Bahnhof treffe ich auf eine Gruppe gewanderter Mittelalterfans. Die Männer in Leinenhemden mit einem Trinkhorn am Gürtel, ganzen Wildschweinen als Tasche, viel Fell, viel Leder. Wild sehen sie aus mit ihren langen Haaren und zauseligen Bärten. Die Damen in hübschen, langen Kleidern mit Borten. Der Bahnmitarbeiter mit seinem Getränkewagen äugt ein bisschen nervös zu der Gruppe hinüber. Er weiß wohl noch nichts mit der Gewandung anzufangen. Was mag das für ein seltsames Trüppchen sein? Hei, es ist Mittelaltermarkt in Oberwesel!
Inhaltsverzeichnis
Oberwesel, Stadt der Türme und des Weins
Wenn mich Besucher nach sehenswerten Städten am Rhein fragen, empfehle ich gerne, neben meiner Heimatstadt Boppard, die Orte Bacharach und Oberwesel. Letztere ist als Stadt der Türme bekannt, bietet sie doch eine alte Stadtmauer mit 16 Türmen, die zum Teil noch bewohnt sind. Besonders reizvoll: die Wehrmauer ist in Teilen begehbar! Die kleinen Altstadtgassen zeigen so manches schöne alte Fachwerkhaus und über der Stadt tront die Schönburg. Welch idealer Platz für einen Mittelaltermarkt!
Dass auch in Oberwesel Weinanbau betrieben wird, ist im Grunde selbsterklärend. Der Mittelrhein lebt vom Wein. So können auch wir uns auf ein Gläschen Riesling freuen. Am Oberweseler Bahnhof steige ich mit vielen anderen Menschen aus und treffe mich mit Freundinnen. Vier Frauen und ein Mädchen auf dem Mittelaltermarkt – hinein in das Vergnügen!
Mittelaltermarkt in Oberwesel – eine 25-jährige Tradition
Mittelaltermärkte sind im Trend! Viele Städte bieten diese mittlerweile in unterschiedlichen Versionen an. Im Städtchen Oberwesel am Rhein hat das „Mittelalterliche Spectaculum“, wie der offizielle Name lautet, bereits eine lange Tradition. Was der Verein zur Erhaltung mittelalterlichen Brauchtums in Oberwesel e. V. auf die Beine stellt, ist schon klasse!
Die Marktregeln sind streng. Die einzelnen Stände dürfen ausschließlich aus natürlichen Materialien wie z. B. Holz, Stein, Stroh, Reisig oder Sackleinen gebaut sein. Plastikgeschirr oder -teller, Flaschen oder Dosen sind verboten. Selbst auf Strom und Elektrogeräte muss verzichtet werden. Am Eingang erhalten wir einen Lageplan des Marktes sowie einen Tonbecher für unsere Getränke.
Der Mittelaltermarkt erstreckt sich über den ganzen Ort zwischen Stadtmauer und Rathausstraße. Alles Moderne wurde verdeckt. So versteckt sich der Geldautomaten hinter einem Tuch mit der Aufschrift Dukatenscheißer. Die Plätze sind mit Stroh bedeckt. Die einzelnen Stände bieten hübsche Kleidung wie die Hutmacherey, die Schuhmeisterey oder die Hemdenhökerey. Wir können altes Handwerk sehen wie das Papierschöpfen, Salzsieben, Schmieden, Spinnen oder Seiledrehen. Flott ist so ein Springseil gedreht und gleich erworben! Ich brauche nicht zu erwähnen, dass jede von einem anderen Stand begeistert ist und stehen bleibt!
Blagenbegeisterung beim Mittelaltermarkt
Für die Kleinen wird es auch nicht langweilig! Gerade für die Blagen, die Kinder, wird viel geboten. Sie können Lederbeutel herstellen, drechseln, töpfern, flechten, oder filzen. Da wäre ich gerne noch einmal klein und würde mitmachen! Die Kleine unserer Bekannten wagt sich dann gleich auch mit viel Erfolg ans Körbe flechten. Es gibt eine Kinderkegelbahn, Kinderrüstkammer und die Falknerey mit den hübschen Greifvögeln.
Großes Programm
Wir Großen erfreuen uns an der Kunst des Bierbrauens oder den fröhlichen Waschweibern.
Im Badehaus haben es sich ein paar Herren der Schöpfung so richtig gemütlich gemacht. In einem großen hölzernen Waschbottich laben sie sich bei Speis und Trank. Davon kann das arme Volk im Sackleinen auf der Straße nur träumen!
Neben den vielen Ständen bietet das Programm Ritterkämpfe, Gaukler, Puppentheater und viel Musik und Tanz. Bei der Gruppe Ranunculus wird der ein oder andere Zuschauer auch gerne mal miteinbezogen und darf die schwere Trommel halten oder sich an ein Tänzchen wagen – in der Gruppe natürlich! Den gruseligen Pestzug am Abend verpassen wir leider, nächstes Mal!
Ich treffe viele Bekannter aus meiner Region, so z. B. meinen Optiker, der die Kneifer und altertümlichen Brillen der damaligen Zeit präsentiert.
Thelonius Dilldapp erfreut jeden Markt mit seiner großen Sammlung an alten Musikinstrumenten von der Drehleier, Dudelsack oder der Lauter. Zudem beherrscht er ein großes Repertoire an lustiger und lästerhafter Balladen. Du glaubst nicht, wie hart man da mit Kirche und Adel in den Liedern vor Gericht ging!
Kulinarische Köstlichkeiten
Es ist der Wonnemonat Mai und so probieren wir eine Maibowle der Kräuterweiber. Schon lange habe ich keine mehr getrunken. Lecker! Am Ziegenkäsestand der Ziegenzüchter teilen wir uns ein Brot mit Frischkäse und Kräutern. An anderen Ständen locken Teigfladen, rustikale Fleischgerichte oder Gulasch im Brotteig.
Romantischer Abend
Am Abend wird es so richtig romantisch. Statt Straßenlampen beleuchten Kerzen, Fackeln, Feuer und Öllampen die Marktstraßen und -plätze. Lange sitzt man zusammen und plaudert, lacht, isst und trinkt. Da Programm endet am Freitag und Samstag erst um 23 Uhr. Es ist übrigens trocken geblieben. Außer ein bisschen Nieselregen haben wir nichts gespürt!
Infos zum Mittelaltermarkt
Der Mittelaltermarkt findet alle zwei Jahre an Pfingsten statt. Der nächste Termin ist im Jahr 2018. Mehr auf der Seite des Vereins. Wer in der Region übernachten möchte, sollte frühzeitig buchen!
Anreise:
Wer entlang des Rheins wohnt, kann gut das Auto stehen lassen und die Bahn nutzen. Die Mittelrheinbahn fährt in regelmäßigen Abständen zwischen Köln und Mainz. Das erspart die Parkplatzsuche und es darf auch fröhlich gezecht werden. Ein guter Tipp ist auch die Fahrt mit einem Schiff. Wir sind schon mit der Köln-Düsseldorfer von Boppard nach Oberwesel und zurück gefahren und hatten genügend Zeit zum Besuch des Mittelaltermarktes. Die Fähre in St. Goar fährt an diesen Tagen bis 24 Uhr.
Hallo Renate,
Mensch das ist ein toller Beitrag über den schönen Markt. Leider habe ich es selbst – trotz räumlicher Nähe – noch nie dort hin geschafft. Hat auch etwas mit dem Termin als solches zu tun. Schade eigentlich, wie ich nach Betrachten der Bild und Lesen des Textes denke. Vielleicht schaffe ich es ja aber 2018 mal einen Tag dafür ‚freizuschaufeln‘. :)
Viele Grüße,
Mario
Hallo Mario,
ich habe gesehen, du bist wirklich nicht weit weg. In Ingelheim war ich in meiner Jugend auch mal auf einem Festival. Der Termin Pfingsten bietet eine große Auswahl an Veranstaltungen aller Art, das stimmt. Dieser Mittelaltermarkt lohnt sich wirklich! Er ist richtig groß und der Verein arbeitet ihn dermaßen liebevoll aus. In 2018 hast du wieder eine Chance.
Lg
Renate
Hallo Renate,
sicherlich war es damals das Folk, dass dich in unsere schöne Stadt gebracht hat. ;-) Wie gesagt, ich habe es mir schon mal vorgemerkt; vielleicht schaffe ich es ja 2018 wirklich mal! :)
Beste Grüße,
Mario