Die Tempelstätte Pashupatinath bei Kathmandu ist für Hindus so etwas wie Varanasi, ein Ort, an dem die Toten verbrannt und ihre Asche in den Fluss Bagmati gestreut werden. Der Gott Shiva geweihte Tempel ist einer der wichtigsten des Landes. Von Sadhus und fotografierenden Touristen.
Am Morgen fahren wir mit dem Bus von Kathmandu nach Pashupatinath, das rund 5 km östlich der Stadt liegt. Was erwartet mich an diesem Ort? Allein das Wort „Leichenverbrennung“ lässt mich schaudern. Welche Reisegruppe würde schon in Deutschland ein Krematorium besuchen, um dann bei der Beerdigung dabei zu sein und zu fotografieren? Vor dem inneren Auge lese ich die Schlagzeile in den Tageszeitungen „japanische Touristengruppe überfällt Deutsche bei Beerdigung“.
Inhaltsverzeichnis
Der hinduistische Tempel Pashupatinath
Doch wir sind nicht allein! Vom Busparkplatz führt ein Weg vorbei an Souvenirständen, die wohl eher nicht auf gläubige Hindus ausgerichtet sind. Der heilige Fluss Bagmati, der später in den Ganges mündet, teilt den großen Tempelbezirk von Pashupatinath in einen östlichen und westlichen Bereich. Neben dem Haupttempel, der nur von Hindus betreten werden darf, finden sich in dem Komplex mehrere kleine Tempel.
Die Ghats, die Verbrennungsstätten in Pashupatinath – fotografieren verboten!
An den Ghats sitzen kleine Grüppchen mit Essen um ihre Feuer. Was wie ein Grillfest wirkt, ist in Wirklichkeit ein Gedenktag zu Ehren Verstorbener. Auf der gegenüber liegenden Seite sind die Surya Ghats, die Verbrennungsstätten niederer Kasten. Holzscheite sind aufgeschichtet und warten auf ihre Bestimmung. Hindus glauben, wenn du hier stirbst und verbrannt wirst, wirst du als Mensch wiedergeboren. Das soll auch dann der Fall sein, wenn aus deinen Taten ein anderes Karma auf dich gewartet hätte. So ist der Ort auch das Ziel älterer Hindus, die auf ihren Tod warten.
Weiter oben liegen die Arya Ghats, die Verbrennungsstätten höherer Kasten, an denen gerade einige rituelle Verbrennungen durchgeführt werden. Etwas fassungslos wundere ich mich über Mitreisende, die die Stätten mit den trauernden Familien hemmungslos fotografieren und wie die Geier umherlaufen. Wer will nicht das Selfie „Ich vor den Verbrennungsstätten“ sehen? Es ist ja nicht so, als wären sie vorher nicht explizit vom Reiseleiter auf das Fotografierverbot hingewiesen worden. Allein das menschliche Feingefühl sollte es jedem schon sagen!
Bei einer Verbrennungsstätte steht ein Sarg. Santosh erklärt, dass es sich wohl um einen Nepalesen handelt, der im Ausland verstorben sei und hier hin überführt wurde. Nicht erst seit dem großen Erdbeben im Jahr 2015 ist das Los vieler Einheimischer, dass sie außerhalb ihrer Heimat ihr Geld verdienen müssen. Meist arbeiten sie in den Golfstaaten oder Malaysia.
Sadhus als Statisten
Ich wende mich ab, um mich Positiveren hinzuwenden. Zwei freundlich dreinblickende Sadhus lächeln mir zu. Als ich ein Foto machen will, handeln sie mit mir um den Preis und verlangen 100 Rupien, für uns nicht viel, doch in Nepal ein guter Verdienst. Denn die vielen Touristen fotografieren mit Begeisterung die exotischen Männer in ihren orangefarbenen Roben, der gelben Gesichtsbemalung und dem üppigen Kopfputz. Ich schließe mich hier nicht aus!
Wer kann es den Sadhus verdenken? Als ich aber später einige Herren mit Glitter und Plastikhulaketten im Haar entdecke, geht mir der Spaß doch etwas zu weit. Auch in Indien findest du an den Touristenspots jede Menge Foto-Sadhus, wie ich in meinem Bericht „Wie werde ich Guru“ erwähnte. Lustigerweise erkennst du die Männer dann später auf Bildern anderer Reisenden wieder.
Der Ram Mandir – Wohnort der Sadhus
Durch den Eingang, vor dem die Sadhus sitzen, betrittst du den Wohnkomplex der Sadhus, die hier in einfachsten Verhältnissen in kleinen Zellen leben. Diese echten, religiösen Sadhus gehen einfach ihren Geschäften nach und nehmen keine Notiz von mir. Ein junger meditiert mit geschlossenen Augen vor dem Ram Mandir Temple.
Sie folgen Gott Shiva, der hier als Pashupati (Gott der Tiere) verehrt wird. Im Tempelbezirk finden sich farbenfrohe Zeichnungen von Shiva und anderen Göttern an den Wänden.
Während des Shiva Ratri, des größten Hindufestival in Nepal, besuchen Tausende von Gläubige Pashupatinath.
Gegenüber den Arya Ghat befindet sich der Pandra Shivalaya Komplex mit Schreinen, die zu Ehren wichtiger Persönlichkeiten errichtet wurden. Vor den kunstvoll verzierten Schreinen sitzen Sadhus. Affen flitzen durch die Anlage.
Der Shiva-Tempel in Pashupatinath
Wir überqueren die Brücke zum Westufer und spazieren zum Shivatempel. Besucher drängen sich um den Eingang. Ich kann nur auf Zehenspitzen stehend einen kleinen Blick auf das Reittier Shivas, den Nandi-Bullen erhaschen. Der Tempel ist das wichtigste Heiligtum der Anhänger des Shiva in Nepal, der Eintritt ist für Nicht-Hindus aber verboten.
Gläubige entzünden vor dem Tempel Feuer und bringen Opfergaben. Manche Pilger fotografieren sich und ihre Familien lachend vor dem Tempeleingang und schwupps werde ich als Fotomotiv integriert. Nun stehe ich auf der anderen Seite der Kamera, ein ungewohntes Gefühl.
Mehr über Pashupatinath findest du bei Michael Reinold und auf der Seite des Tourismusbüros Nepal.
Der Ort zählt mit dem Kathmandutal zu den UNESCO Welterbestätten.
Die Lage
Pashupatinath liegt östlich nur etwa 4 Kilometer von Kathmandu. Hier fließt der Bagmati, der am Nordrand des Kathmandutales entspringt und später über den Koshi in den Ganges fließt. Die Pilgerstadt liegt auf einer Höhe von 1315 m.
Bestattungen in der Welt
Mein Beitrag macht bei der Blogaktion Friedhöfe vom Totenhemd-Blog mit. Während die Hindus in Nepal und Indien als Asche im Fluß verstreut werden, sieht das bei uns in Europa ganz anders aus. So manch ein Friedhofspaziergang ist richtig interessant, begegnest du doch manchmal Gräbern berühmter Persönlichkeiten. Passend zum November ist die Blogaktion, bei der du als Blogger mitmachen kannst (bis 24.11.19).
Hallo Renate,
hinduistische Bestattungsrituale verlangen, den meist christlich erzogenen Europäern verständnisvolles emphatisches Handeln ab. Da tun wir uns sehr schwer. Weil wir nach wie vor noch nicht mit dem Tod umgehen können. Aber er ist nun mal Teil unserer Existenz. Und wir sollten den Tod würdigen!
Mit dem Fotografieren werden wir uns künftig auch mehr auseinandersetzen müssen. Mein Marokkobesuch im letzten Jahr hat mir das sehr verdeutlicht. Da wo alles einen Preis hat, kann man arme Menschen nicht ohne einen Preis zu bezahlen fotografieren. Die Nachfrage ist groß, manche Menschen verdienen damit schon ihren Lebensunterhalt
Viele Grüße
Peter
Hallo Peter,
ja, der Umgang mit dem Tod ist schwierig. Lieber wird das Thema verdrängt, bis es unumgänglich ist. Die Vorstellung des Karma bzw. eine Auswirkung der eigenen Taten auf ein nächstes Leben ist mir zumindest sehr sympatisch.
Einige Erlebnisse auf dieser und anderer Reisen hat mich auf die Idee gebracht, mal einen eigenen Beitrag zum Thema Fotografieren zu machen. Da gibt es so vieles, dass es glatt für mehrere Beiträge reichen würde.
Liebe Grüße
Renate
Ein interessanter Einblick in eine andere Kultur.
Danke dafür, liebe Renate.
Herzlicher Gruß. Petra