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Havanna, Kuba – privat wohnen mit Oma

Haus in Havanna, Kuba

Havanna, Kuba – unsere Reise führte meinen Mann und mich zu den Menschen der Stadt, die zwischen Mangel und Fröhlichkeit versuchen, ihren Alltag zu bewältigen. Abseits der Hotelbunker lernten wir das wirkliche Kuba in einem Privathaushalt kennen.

Nach Kuba zog es mich aufgrund des Salsa sowie der Spanischsprachschule in Havanna. Beides wollte ich in meinem Urlaub so gut wie möglich erlernen. Was liegt bei einer Sprache näher, als sich direkt bei einer kubanischen Familie einzuquartieren, wo du das Geübte auch direkt ausprobieren kannst. In Kuba wurde der Bevölkerung schon vor einigen Jahren ermöglicht, auch an Touristen zu vermieten. Wir haben die Reise direkt über einen Veranstalter in Deutschland gebucht.

Wohnen mit Oma

Wir hatten eine Unterkunft mitten in Havanna gebucht, von der sowohl die Sprachschule in der Altstadt als auch die Salsaschule am Malecon gut zu Fuß erreicht werden konnte. Bei unserer Ankunft nahm uns Jorge, der Besitzer der beiden Wohnungen, mit auf die Dachterrasse, von der wir die Stadt um uns herum bewundern konnten und rief stolz „Mi Havanna“.

Wir wohnten in Havanna Centro, dem Zentrum der Stadt, welches nicht wie die Altstadt von der UNESCO restauriert wurde. Viele Häuser waren vom Verfall bedroht, bei manchen fehlte schon der Balkon. Farbe blätterte von den Wänden. Was auf manchen Fotos so ansprechend wirkt, ist oft mit Farbe übertünchte Armut. So manches Gebäude moderte vor sich hin. Unser Haus sah recht stabil aus und war mehrstöckig. Ich weiß nicht, wie es heute aussieht. Das ist schon 16 Jahre her.

Was wir noch nicht ahnten, wir wohnten bei Oma. Die nette alte Dame wurde kurzerhand ins Wohnzimmer ausquartiert und musste die beiden Wochen mit dem Sofa vorlieb nehmen. Wir bekamen ihr Schlafzimmer. Immer wenn wir zu Bett gingen, mussten wir durch das Wohnzimmer gehen. Sie tat mir besonders in der Nacht doch etwas leid.

Glücklich trotz Mangel

Unsere Straße im Centro

Ich bin in den Sechzigern groß geworden, als vieles noch nicht selbstverständlich war. Dusche – Fehlanzeige, bei uns wurde am Samstag der Heizkessel mit Kohle für die Badewanne angesteckt. Telefon zu Hause, wo denkst du hin?

So erinnerte mich die Wohnung stark an meine Kindheit. Es gab keine Einbauküche, wie in fast jedem deutschen Haushalt, kein Sortiment an Elektrogeräten. Eine Spüle, Gasherd und ein paar Regale mit Töpfen, Pfannen, Geschirr und Gläsern reichen auch aus. Der Kühlschrank war einzig für die Getränke der Gäste angeschafft worden. Die teuren Limonaden trank hier niemand.

Aus der Dusche kam kein heißes Wasser. Die Wassertemperatur war nicht wirklich kalt, nur eben nicht mollig warm. Ach was Abhärtung ist alles, duschen wir halt etwas schneller. Die Zimmer waren nicht vollgestellt. So manches Mitbringsel wie eine leere Parfümflasche wurde liebevoll ausgestellt.

Wir unterhielten uns mit der älteren Dame in den zwei Wochen mit Händen und Füßen und den wenigen spanischen Brocken, die wir erlernt hatten. Sie war immer fröhlich trotz des wenigen Besitzes. Einmal haben wir Baguette gekauft, weil wir die täglichen süßen Fertigbrötchen nicht mehr sehen konnten. Als uns das Brot am nächsten Tag etwas trocken und hart erschien, freute sich die Dame sehr darüber und kaute es auf ihre alten Tage besser als wir. Ich war beschämt!

Wir haben in dieser Zeit die Dame richtig Lieb gewonnen als wäre es unsere eigene Oma gewesen.

Und immer grüßt das Mangogelee

Jeden Morgen gab es süße Fertigbrötchen mit Mangogelee. Nach ein paar Tagen hatte ich Lust auf etwas Abwechslung und wollte etwas im Dollarladen kaufen, in dem man nur mit Dollars bezahlen konnte. Nach etwas Suchen fand ich endlich das Regal mit den Marmeladen. Aber oh Schreck! Es starrten mich viele Gläser mit nur einer einzigen Sorte an. Drei Mal darfst du raten! Yeah, es war Mangogelee.

Nahrungsmittelzuteilung

Wir erfuhren, dass die Bevölkerung z. B. eine gewisse Menge an Reis, Bohnen, Zucker und Milch auf Nahrungsmittelmarken „Libreta“ zugeteilt bekam, die aber höchstens für den halben Monat reichte. So muss die Ernährung der älteren Dame eher sehr einfach gewesen sein. Trotzdem bleiben mir die Frijoles negros (schwarze Bohnen) mit Reis in guter Erinnerung. Es war eines der besten Gerichte, die ich auf Kuba gegessen habe.

Durch das Handelsembargo war die Versorgung auf Kuba bedeutend schwieriger als in anderen Gegenden der Welt. Das dürfte sich nicht unbedingt verbessert haben, nachdem auch die Sowjetunion als Partner weggefallen ist.

Eine Sackkarre voller Obst

Anders als in den Hotels haben wir in der Zeit so gut wie nie Obst gehabt. Das kubanische Essen bestand auch in den Restaurants aus viel Fleisch, wenig Salat und noch weniger Gemüse. Gewürze fehlten häufig und auf der Pizza war Ketchup statt Tomatensoße. Einmal kam ein Händler mit einer Sackkarre voller Obst durch die Straße. Ich lief direkt hinzu und habe mit Begeisterung Bananen gekauft. Die Menge war dann doch für das wenige Geld so groß, dass wir den Rest an die Familie gaben.

Spanisch und Salsa in Havanna

Am Morgen gingen wir in die Sprachenschule in der Altstadt, um Spanisch zu lernen. Unsere gebuchte „Gruppe“ bestand dann doch nur aus meinem Mann und mir und der Spanischlehrerin. Am Nachmittag lief ich zum Malecón, um in der Tanzschule kubanischen Salsa zu lernen. Der Unterricht bestand immer aus einer Stunde Training und einer weiteren Stunde Tanz, bei der jede/r einen einheimische/n Partner/in bekam. Das Tanzen hat hier richtig Spaß gemacht!

Während wir Europäer hauptsächlich mit den Beinen tanzen, bewegen sich die Kubaner ganz anders. Es ist sagenhaft, wie viel binnenkörperliche Bewegungen eine kubanische Salsa hat. Das geht von den Fingerspitzen über Schulter und Oberkörper. Die Hüften wackeln mit. Ob wir jemals so weit kommen? Da müssen wir lange für üben! Zumindest was die Hüftbewegungen betrifft, hatte ich es als Bauchtänzerin einfacher.

Der Malecon in Havanna, Kuba

Abends treffen sich die Kubaner am Malecón, um den Sonnenuntergang zu schauen.

Das wahre Leben heißt Improvisation

Die Menschen auf Kuba haben gelernt zu improvisieren. So werden die alten Autos gehegt und gepflegt und das nicht aus reiner Liebe zu den Oldtimern. Sie sind einfach da und müssen so lange wie möglich am Leben erhalten werden. Sie haben gelernt, mit wenigem auszukommen, weil sie es einfach müssen. Mich hat der Lebenswille der Kubaner beeindruckt.

Während unseres Aufenthaltes gab es durchaus Tage, an denen wir doch lieber in einem bequemen Hotel mit allem Drum und Dran gewohnt hätten. Erst später zu Hause haben mein Mann und ich den Wert dieser einmaligen Reise erkannt. Wir haben das wahre Kuba kennengelernt. Die Menschen sind sehr liebenswürdig.

Wir haben durchaus Kubaner gefunden, die stolz auf ihr Land sind. Kritik wurde aber nicht ausgesprochen, viel zu gefährlich! Über Politik haben wir uns nie wirklich unterhalten. Die Überwachung ist sehr streng. So haben wir einmal gesehen, dass ein junger Mann sich in der Altstadt ein T-Shirt auszog. Direkt kam die Miliz auf ihn zu und forderte, dass er es wieder anziehen sollte. Die Kubaner versuchen das Beste aus ihrem Leben zu machen, auch wenn es schwierig ist. Der Aufenthalt wird uns in ewiger Erinnerung bleiben!

Während unserer Reise tobte der Hurrikan Michelle über die Insel, daran erinnerte ich mich, als vor Kurzem die schweren Hurrikane durch die Karibik zogen. Aber das ist eine Geschichte, die ich ein anderes Mal erzählen werde.

Raus aus der Komfortzone!

Diese Lebensfreude der Kubaner hat mir gefallen. Ich bin froh, dass wir nicht abgeschirmt in einem All Inklusive Hotel gewohnt haben, die überall in der Welt austauschbar sind. Wir haben mit den Menschen gelebt und ihren Alltag gesehen, wenn es auch nur ein kleiner Einblick war. Ich möchte dir Mut machen, dir bei deinen Reisen mehr die Welt abseits der Touristenzentren anzuschauen. Mach dir ein eigenes Bild, auch wenn es manchmal unbequem ist.

Vergiß die Werbeslogans von den Traumreisen, Traumzielen – die Welt ist real und sollte nicht nur mit der rosafarbenen Brille gesehen werden.

Mehr Informationen über das Leben der Kubaner

Ich habe da einen Blog entdeckt, der interessant für dich ist, wenn du mehr über das Leben außerhalb der Hotels in Kuba lesen willst. Schau unter Generaziony.

Projekt 360, um die Welt zu dir selbst

Mein Beitrag über Havanna, Kuba nimmt am Projekt 360 von Igor und seinem Blog 7 Kontinente teil. In dem Projekt berichten Blogger über besondere Reisen, die eine persönliche Veränderung bzw. Bereicherung brachten. Du kannst hierbei einmal um die Welt reisen, denn es sind Länder von A wie Albanien bis U wie USA mit dabei. Vielleicht willst du ja noch mit Z wie Zypern mitmachen. Jede noch so kleine Reise kann dich verändern!

PS. Verzeih bitte die teilweise schlechte Bildqualität, die Fotos sind aus der Zeit vor der Digitalisierung!

4 Kommentare

  1. Renate, vielen Dank! Deine Geschichte erinnert mich an meine Reisen, bei denen ich mit den Einheimischen unterwegs war und somit die Destinationen besser kennengelernt habe, als es anders überhaupt möglich wäre. Kuba liegt ebenfalls auf meiner Liste ganz weit oben und ich möchte das Land ebenfalls auf die gleiche, sehr authentische Art und Weise bereisen.

  2. Ich wollte erst fragen, von wann der Bericht ist (denn: dass man in Kuba mit Dollar zahlen kann, ist ja bereits eine ganze Weile her…), aber durch das „PS“ hat sich das erübrigt. ;) Ein schöner Bericht und sicher eine interessante Erfahrung …

    LG, Wolfgang

  3. Reisefieber sagt

    Hallo Wolfgang,

    wir waren 2001 in Kuba als der Hurricane Michelle über die Insel fegte. Wir haben den Hurricane in Havanna erlebt aber darüber habe ich noch nichts geschrieben. Daran kann ich jedoch das Datum gut festmachen.

    Damals konnte man in diesem einen Laden nur mit Dollar zahlen. Der hatte dann Produkte, die es sonst in den anderen Läden nicht gab. Ansonsten war der Pesos Convertible das Zahlungsmittel.

    LG
    Renate

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